Die letzten 13 und die Traumreise nach Finnland
Erster Logbucheintrag (18:00 bewölkt, 17 °C, leichter Wind aus Südwest)
Wir schreiben das Jahr Anno 2025 nach Geburt unseres Herren Jesus Christus. Ein sturmerprobter Haufen Leichtmatrosen trifft sich am zentralen Bahnhof unserer geliebten Hauptstadt. Die Reise ins Ungewisse beginnt. Kapitän Majong (Marvin) ordnet an „Essen zu fassen“ vor der langen Reise. Es gibt Currywurst und Pommes. Beim Supermarkt werden restliche Notwendigkeiten besorgt. Schnaps und Bier ist auch dabei. Die einzige Währung auf hoher See, die zählt. Der Abschied von der Familie (Melina) fällt schwer. Aber es muss sein.
Zweiter Logbucheintrag (20:12 bewölkt, 16 °C, leichter Wind aus Südwest)
Irgendwo zwischen Berlin und Hamburg sagen wir Lebewohl zu der freundlichen ungarischen Zugbegleiterin und dem hinreißenden Smutje. Er versorgte die Mannschaft mit osteuropäischem Weinbrand und Bier. Sie gab alles, damit der Anschlusszug erreicht wird. Dem war nicht so. Gestrandet in Büchen? Nein, der Folgezug nach Lübeck fährt ein und die Meute johlt, die Korken knallen. Erste Verluste sind zu verzeichnen. Drei Flaschen Sekt und diverse Dosen Bier. Kein Grund aufzugeben.
Dritter Logbucheintrag (23:48 sternenklar, 11 °C, Wind von Steuerbord querab)
Es ist vollbracht. Die letzten dreizehn haben das Shuttle zur Fähre Finnlines, nach ersten Schwierigkeiten bekommen und alle angeheuerten Leichtmatrosen können in voller Besatzung an Deck antreten. Es wird Bier gereicht auf die erfolgreiche Anreise. Achterlich wird das Schiff beladen. Steuermann Topher Junge (Christopher) teilt Bordkarten aus. Die Stimmung ist ausgelassen. Die Kojen werden bezogen. Kajüte 7004 hält Hundewache bis um 4:00 Uhr und verliert sich in einer gesellschaftskritischen Diskussion. Hatte Christian Lindner Anrecht auf Arbeitslosengeld? Die Antwort bleibt offen, danach gehen auch hier die Kerzen aus.
Vierter Logbucheintrag (10:27 bewölkt, 13 °C, Wind von Steuerbord achteraus)
Ein durchdringendes „Reise, Reise“ lässt die Mannschaft aufschrecken, der Weckruf der Seefahrer/innen. Der erste Tag auf hoher See beginnt spät, da die Kojen kein Sonnenlicht erreicht. Die Luft ist zum Schneiden, es riecht nach Vape Geschmacksrichtung Red Appel Ice und alten Socken. Ein Teil der Mannschaft schafft es noch zum Frühstücksbuffet, der Rest nagt an Reiswaffeln. Der Filterkaffe an der Bar kostet 3,40 €, ist aber mit Nachschenken. Dies wird genussvoll ausgenutzt. Der interne Rekord liegt bei sechs Tassen durch Schiffsärztin Helena. Man vertreibt sich die Zeit mit diversen Saunagängen, einem Klönschnack im Whirpool und dem Probieren durch die Bordkarte. Der Aperol zieht die Mannschaft in seinen Bann. Er spendet Trost bei den Gedanken an die Heimat und die Daheimgebliebenen. Steuerbord voraus zieht Gotland an uns vorbei. Man ist das eine Insel. Querab wird Skat gelernt. Steuermann Topher überreizt sich ein weiteres Mal und dem sonst so ruhigen Büchsenschützen Nicolai entfährt ein Schrei: „Da soll dich doch der Klabautermann holen“. Zum Abend heißt es „Backen und Banken“ auf eigene Heuer. Aber es wird aufgetischt. Kaviar auf Pumpernickel, Salate mit diversen Dressings, Matjeshäppchen in Dillsahne, Rinderbraten in Rotweinsoße, eingelegtes Gemüse, Zanderfilet in Weißweinsauce, Eis mit Gummitieren und Kartoffeln. Nur das Bier will nicht so recht schmecken …egal, weiter machen.
Fünfter Logbucheintrag (10:00, leicht bewölkt, 15 °C, Wind von Süd)
„Pfeifen und Lunten aus! Besatzung sich klar machen zum Ankern“ ertönt es von Achtern. Der Landgang in Helsinki steht bevor. Hier trennen sich die wackeren Seefahrenden. Für einen Teil steht eine kurze Besichtigung der Stadt in Aussicht und die Heuer wird ein weiteres Mal verprasst, für Rentiergulasch und Lachs auf geröstetem Sauerteigbrot. Der andere Teil der Gruppe um Quartiermeisterin Toma organisiert ein Kfz und kommt frühzeitig in den Genuss des traumhaften Lagers am Konnivesi See. Doch ohne eine Hand breit Wasser unter dem Kiel ist keiner aus der Manschaft ganz zufrieden. Uns zieht es auf die See. Die erste Expedition von Kanonierin Jule 1 und Bootsmannsmaatin Jule 2 auf der MS Sürströming (hauseigenes dreier Kanu) verläuft ohne weitere Vorkommnisse. Die Umgebung ist aufgeklärt, an Schlaf ist dennoch nicht zu denken. Währenddessen genießt der zweite Trupp den gebührlichen Empfang mit militärischen Ehren auf dem Vorplatz des Domes zu Helsinki. Die Überraschung ist geglückt. Jetzt aber schnell zum Hauptbahnhof mit der nördlichsten U-Bahn der Welt. Kaum ist der Zug Richtung Lahti unterwegs wird’s dem Obertrompeter 20 (Markus) zu warm in seinem Matrosenanzug. Ein rascher Gang auf die Bordtoilette ändert den Umstand. Die kurze Hose steht ihm einfach besser.
Sechster Logbucheintrag (14:31, sonnig, 19,5 °C, windstill)
In Lathi teilt sich Nachhut ein weiteres Mal auf, um sich der Verpflegung der ausgehungerten Seemannschaft zu widmen. Diese besondere Aufgabe wird mit Bravour gemeistert durch Obersmutje Lauri, Bottelier Lotti und Obertrompeter 20. Das sichere Geleit wird durch Steuermann Topher Junge erbracht. Während Reisegruppe Zwo Aperol mixt, sich mit der Umgebung vertraut macht und die Sauna inspiziert, haben Kapitän Majong und Richtschütze Alex die MS Sürströming ins Auge gefasst. Nach einer kurzen Inspektion der Gerätschaften stechen sie in See. Mast und Schotbruch!
Siebter Logbucheintrag (16:14, sonnig, 19,5 °C, windstill)
Der Versorgungstrupp ist eingetroffen und das große Captain’s Diner wird hergerichtet. Währenddessen hat der Wind aufgefrischt auf dem Konnivesi See. Weit draußen tobt der Blanke Hans und ein kleines Kajak kämpft gegen die Wellen aus Südwest. Es ist die MS Sürströming und ihre Zwei-Mann Besatzung. Hier ist es mehrere Klafter tief und das Boot ist den Wellen nicht gewachsen. Kapitän Majong kämpft, um das Boot frontal gegen die Wellen zu halten, doch die drei Schwestern (drei aufeinander folgende Monsterwellen) haben leichtes Spiel mit der MS Sürströming und so fällt sie um 16:23 MEZ der hohen See zum Opfer. Doch eine Besatzung gibt ein Boot nicht so schnell auf und mit Mühe und Not zerren die beiden die Schaluppe an eine nahegelegene Insel. Hier, fernab von der Zivilisation, werden erst einmal die Vape auf ihre Funktionalität geprüft und die Wunden geleckt. Eine Möwe schaut dem seltsamen Treiben auf ihrer Insel von einem im Wasser gelegenen Felsen aus zu. Der erste Schreck ist vorüber, da wird das Schiff schon wieder klar gemacht zur Ausfahrt. Von alledem kriegt der Rest der Truppe nichts mit. Wie denn auch? Der Blick ist getrübt durch den Aperol und den heißen Saunadampf. Bei der Rückkehr des zweiten Erkundungstrupps ist das Gejöhle groß. Niemand ahnt, was die zwei Leichtmatrosen durchmachen mussten. Es wird ausgelassen gesungen, gelacht und geangelt… und gebadet.
Achter Logbucheintrag (6:09, bedeckt, 19,5 °C, windstill)
Der fast mütterliche Rat von Schiffsärztin Helena, doch bitte nicht mit Köpper ins kniehohe Wasser zu springen, sie möchte auch einfach mal nur Urlaub haben, wird von Feuerwerker Ehkurz (David) gewissenhaft ignoriert. Um 6:30 Uhr springt er noch mal mit einem grazilen Flachköpper (inspiriert durch den Film „Werner-gekotzt wird später“) in die Fluten. Danach ist der Ofen aus. Die Kojen werden bezogen, das Holz wird gesägt.
Neunter Logbucheintrag (13:00, sonnig, 18 °C, Wind von Nord-Ost)
Der nächste Tag beginnt spät aus genannten Gründen. Hier, an diesem abgelegenen Teil der Erde geht die Sonne nicht unter, sie kitzelt nur den Horizont. Erst gegen 13:12 Uhr wird aufgetischt, aber das nicht zu knapp, danach geht jeder seinem Tagwerk nach. Kartenspielen, Klönschnack und reichlich Getränkegabe. Aus irgendeinem Grund fehlt es an Eiern und Kanonierin Jule 1 und Bootsmannsmaatin Jule 2 erklären sich bereit welche zu besorgen. Mittels deutschem Dosenbier Marke Jubi wird von der etwas verängstigten und schüchternen Nachbarsfamilie die Herausgabe vierer, stattlicher Eier verhandelt. Dann heißt es „Essen fassen“. Während dessen machen Büchsenschütze Nicolai und Feuerwerker Ehkurz das Ruderboot klar zum Ablegen. Sie wollen mit dem zusammengesammelten „Angelbesteck“ auf die „Dicken“ Jagd machen. Die Expertise der beiden erfahrenen Survivalisten schlägt sich nieder in einer „fette Kirsche“ (dicker Barsch) und einen viel zu untermaßigen Hecht, der den Köder so tief geschluckt hatte, dass er notgeschlachtet werden musste… Aber was Mutter Natur schenkt, wird verzehrt. Fein über den Grill in Knoblauchbutter und Zitrone. Ein Traum von Finnland.
Zehnter Logbucheintrag (18:24, schummrig, 15 °C, windstill)
Zum Abschluss wird die Sauna angefeuert und exzessiv genossen. Auch ein eisgekühlter Wodka und saure Gurken stehen bereit. Im dritten Aufguss fragt Büchsenschütze Nicolai, sichtlich benommen durch Hitze und Aroma, ob es so klug sei Kloreiniger als Aufguss zu verwenden. Man beruhigt ihn und versichert ihm, dass die drei Tage Duolingo Finnisch ausreichten um Kloreiniger von Saunaaufguss zu unterscheiden. Alle sind sich einig, dass nochmal nachgekippt werden muss. Aber keiner ist sich ganz sicher, ob es nicht doch Kloreiniger ist, der jetzt in einer dicken Wolke durch die Sauna wabert. Hat trotzdem Spaß gemacht.
Elfter Logbucheintrag (20:17, schummrig, 14 °C, windstill)
Hauptbootsmann Paul klagt über Heimweh, Fieber, Husten und Erschöpfung. Nach kurzem Check durch Helena ist klar, dass man ihm die Seebestattung verwehren muss, dafür ist er noch zu lebendig. Also wird er vorzeitig mit allen Ehren abgetakelt und an den Flughafen nach Helsinki verschifft. Seine Reise ist hier schon zu Ende.
Zwölfter Logbucheintrag (08:47, sonnig, 16 °C, Wind von Süd)
Die Abreise wird wieder in Gruppen organisiert und diverse Fressalien werden zurückgelassen. Reisegruppe 1 beschaut eine Insel mit archäologischen Ausgrabungen, während Reisegruppe 2 verzweifelt auf der Suche nach Zimtschnecken ihr Glück in einer Darbietung ein schwedischen Countryband findet. Natürlich mit Aperol in der Hand und einem Lachen im Gesicht. Die Nachhut verwischt alle Spuren in der Herberge und tritt dann die Heimreise an. Treffpuntk im Restaurant Kapelli, dem wohl teuersten Schuppen in der Umgebung, verschluckt die letzte Heuer unserer Leichtmatrosen. Das letzte Seemannsgarn wird gesponnen. Nun können wir zurück zu unseren Liebsten.
Aus Ermangelung an Geld und Zeit wird auf das, dem/r Seemann/frau verhasste Flugzeug zurückgegriffen. Flug 2930 bringt die Abenteurer zurück in den Heimat(flug)hafen BER. Und am Bahngleis trennen sich die Wege unserer wackeren Seemenschen.
Eine runzlige Berliner Stadt-Taube schaut der Besatzung nach, wie sie von dannen ziehen, beseelt von den Erlebnissen der letzten Tage, reich an neuen Geschichten und Entdeckungen in einem so fernen Land. Ein seltsamer Haufen, denkt sich die Taube, aber nett. Kommt bald wieder!
